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Flix’ Who the fuck is Faust? und Faust. Der Tragödie erster Teil  im Vergleich

von Marina Lukin

„Aber hier im Script steht alles ganz anders! Komisch, wa?!“ (Flix: Who the fuck is Faust?, S. 62) – So echauffiert sich Mephisto am Ende von Who the fuck is Faust? in einer hitzigen Diskussion zwischen ihm und Gott und deutet dabei mit dem Finger in ein Buch mit der Aufschrift ‘Goethe’. Hier referiert Mephisto mit der Bezeichnung „Script“ (Flix: Who the fuck is Faust?, S. 62) auf den Prätext, Goethes Faust I, den der Comiczeichner Felix Görmann in seinem Comic Who the fuck is Faust adaptiert hat. Diese Adaption wurde 1998 bei Eichborn publiziert und war Görmanns erste Veröffentlichung überhaupt – mittlerweile ist er unter dem Pseudonym Flix bekannt und „hat zehn Comics für den Carlsen Verlag gezeichnet“ (Andreas Platthaus: Faust verflixt, in: Flix: Faust. Der Tragödie erster Teil, S. 12-13, hier S. 12). Es sollte nicht nur bei dieser einen Comicadaption bleiben, denn Flix beschäftigte sich mehrfach in seinem Leben mit dem Fauststoff – 2010 wurde die zweite Faustadaption von Flix unter dem Namen Faust. Der Tragödie erster Teil bei Carlsen veröffentlicht. Ähnlich wie bei Goethe gibt es also auch bei Flix einen Faust und einen Ur-Faust, die einen Vergleich möglich machen.

Bereits beim Blick auf die Titelbilder der beiden Comics fällt auf, dass sich Görmanns Zeichenstil über die Jahre stark verändert hat. In der ersten Adaption erinnert er noch an den von Rötger Feldmann, besser bekannt als Brösel, oder auch den von Ralf König. Im zweiten Faust dagegen haben seine Figuren die für ihn „typischen Quadratnasen“ (Andreas Platthaus: Faust verflixt, in: Flix: Faust. Der Tragödie erster Teil, S. 12-13, hier Seite 12), tragen übermäßig große Schuhe und sind auf ihre wesentlichen charakteristischen Merkmale reduziert. In den Vordergrund gestellt wird das ganze durch starke Kontraste, die bei der Erstadaption noch nicht präsent sind.

Am Titel und am Cover lässt sich auch die veränderte Herangehensweise des Zeichners an den Fauststoff erahnen. Während Who the fuck is Faust?, inklusive rot hervorgehobenem ‘fuck’, noch provokant danach fragt, wer zum Teufel Faust ist, ist der Titel des zweiten Comics mit dem Originaltitel identisch. Auch “[d]er Einband kopiert die prägnante gelbe Broschur von Reclams Universalbibliothek, deren erster Band 1867 ‘der Tragödie erster Teil’ war. Reclams Reihe gestaltet seit vielen Jahren aktiv den Kanon der deutschen Literatur mit, die kleinen Heftchen sind inzwischen zu Kultgegenständen avanciert, nicht zuletzt, weil sie für Generationen von Schülern als Textgrundlage für den Deutschunterricht und als Zeichengrund in langweiligen Schulstunden dem Ausdruck individuellen Schöpfungs- und Gestaltungswillens dienen.” (Schmitz-Emans, Monika: Literatur-Comics. Adaptionen und Transformationen der Weltliteratur, S. 338)

faust flix2

Beide Titelbilder zeigen Mephisto und Gott im Streit. In diesem Zusammenhang werden sie gleichzeitig indirekt charakterisiert: Mephisto sieht man in einer Lederjacke mit einem Smileybutton (möglicherweise eine weitere Reminiszenz an den Button an Werners Revers), kleinen Hörnern auf dem Kopf und spitz zulaufenden Ohren. Gott wird mit einem weißen Pferdeschwanz, Schnauzer, einer Krawatte und einem über ihm schwebenden Auge der Vorsehung dargestellt. Der erste von zwei wesentlichen Unterschieden in der Gestaltung findet sich in der Gestik von Mephisto. Dieser zeigt wie zur Untermalung des Titels Who the fuck is Faust? seinem Gegegnüber den Mittelfinger und die ausgestreckte Zunge. Bei dem zweiten Comic zeigt er Gott lediglich und viel harmloser nur eine lange Nase, gepaart mit einem breiten, spöttischen Grinsen. In seiner Hand hält er einen dicken Stapel Papier, auf dessen erster Seite ‘Pakt’ steht – der zweite wesentliche Unterschied, der auf die zentrale Handlung des Comics verweist. Bei der ersten Version hält Gott noch ein Buch mit der Aufschrift ‘Goethe’ in der Hand. Dadurch wird gezeigt, dass es sich um eine parodistische Auseinandersetzung mit dem Fauststoff handelt, wogegen die Gestaltung des zweiten Flixʼ Faust die Distanz zum Prätext weniger offenkundig markiert. Die Erwartungen des Kenners der Vorlage werden durch die Darstellung der beiden Figuren zwar gebrochen, durch den gleichlautenden Titel und die Anlehnung an typische Reclamhefte aber wiederum bestärkt. Von einer Verschiebung der Handlung ins zeitgenössische Berlin beispielsweise erfährt der Leser auf dem Cover nichts – wogegen die parodistische und vorgeblich respektlosere Auslegung von Who the fuck is Faust? wie erwähnt durch Titelbild und überhaupt den Titel bereits transportiert wird.

Literatur:

Flix: Faust. Der Tragödie erster Teil. Carlsen, Hamburg, 2010.

Flix: Who the fuck is Faust? Eichborn, 1998.

Schmitz-Emans, Monika: Literatur-Comics. Adaptionen und Transformationen der Weltliteratur. de Gruyter, Berlin, 2012.

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